Der Kanton Basel-Stadt weist eine der höchsten Brutrevier-Dichten des Gartenrotschwanzes nördlich der Alpen auf. Die grosse Mehrheit der Reviere befindet sich in Freizeitgärten. Eine Sensibilisierungskampagne und ein Aktionsplan haben dazu beigetragen, dass der Bestand in den letzten 10 Jahren deutlich angestiegen ist. Innerhalb der intensiv bewirtschafteten Freizeitgärten wurden naturnahe Flächen verschiedener Art gestaltet. Davon profitieren auch viele andere Tier- und Pflanzenarten. Der attraktiv gefärbte Gartenrotschwanz eignet sich als Flaggschiffart besonders gut, um die Biodiversität im Siedlungsraum generell zu fördern.


Ein Artikel über unsere Arbeiten im Zusammenhang mit der Förderung der
attraktiven Vogelart ist in der Zeitschrift N&L Inside erschienen. Der vollständige Artikel kann hier heruntergeladen werden.

Der Gartenrotschwanz ist ein kleiner, Insekten fressender Singvogel, der als Langstreckenzieher den Winter im tropischen Afrika verbringt. Nur während der Brutzeit lebt er bei uns in Europa. Sein Brutbestand hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schweizweit stark abgenommen. Die Gründe dafür sind eine anhaltende Zerstörung und Verschlechterung seiner Lebensräume und Verluste in den Überwinterungsgebieten. In den letzten Jahren nimmt die Art wieder leicht zu. Nördlich der Alpen allerdings sind die lokalen Bestände überwiegend sehr klein. Ein Spezialfall ist die Region Basel. So wurden 2021 im knapp 37 km2 kleinen Kanton Basel-Stadt 76 Reviere festgestellt. Kleinräumig wurden Dichten von über 6 Revieren auf 10 Hektaren erreicht. Die meisten Reviere befinden sich in Freizeitgärten oder in Obstgärten. Um den Bestand des Gartenrotschwanzes langfristig zu sichern, wurde im Jahr 2011 ein kantonaler Aktionsplan erarbeitet. Die darin festgelegten Massnahmen sind in den letzten 10 Jahren Schritt für Schritt umgesetzt worden.

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Umgesetzte Massnahmen

Die Massnahmen des Aktionsplans zielen auf die besonderen Ansprüche des Gartenrotschwanzes an seinen Lebensraum ab. Die folgenden vier Faktoren sind dabei entscheidend: 1. Geeignete Bruthöhlen als Nistmöglichkeit, 2. Hohes Angebot (Biomasse) an Beutetieren (Insekten und Spinnen), 3. Einfacher Zugang (Erreichbarkeit) zu den Beutetieren und 4. Bäume als wichtige Struktur im Lebensraum. Eine einfache Massnahme zur Förderung des Gartenrotschwanzes ist das Aufhängen speziell gestalteter Nistkästen. Zu Erfolgen führt dies vor allem an Orten, welche die übrigen Anforderungen an den Lebensraum bereits erfüllen und in der Nähe bestehender Gartenrotschwanz-Vorkommen liegen.

In Basel-Stadt haben sich Nistkästen mit Vorbau (Schutz vor Marder und Katzen) und zwei kleinen Einflugöffnungen (Masse jeweils 32 x 50 mm)  bewährt. Sie werden einerseits sehr gerne vom Gartenrotschwanz  angenommen, andererseits von vielen Standvögeln, insbesondere Meisen,  gemieden. Dadurch stehen sie zum Zeitpunkt der Rückkehr der  Gartenrotschwänze aus den Winterquartieren für eine Brut noch zur  Verfügung. Kästen mit einer einzigen, grösseren Öffnung werden ebenfalls gerne von Gartenrotschwänzen genutzt. Allerdings sind dort Verluste an Jungtieren durch Nesträuber recht häufig (Martinez & Roth 2017).

Ob ein Gartenrotschwanz genügend Nahrung hat, hängt nicht nur von der Anzahl potenzieller Beutetiere ab. Auf offenen Böden oder in lückiger Vegetation sind Beutetiere viel einfacher zu entdecken und zu erbeuten als im hohen Gras (Schaub et al. 2010). In Obstwiesen wird die Nahrungssituation deshalb durch die Anlage offener Bodenstellen verbessert. Alternativ können das Mahdregime oder die Beweidung so angepasst werden, dass niedrige und hohe Vegetation kleinräumig nebeneinander liegen. Reviere mit entsprechender Beschaffenheit der Vegetation werden nachweislich bevorzugt. Die Gelege sind dort im Schnitt grösser (Martinez 2012) und der Fortpflanzungserfolg deshalb vermutlich höher als in Revieren ohne dieses Merkmal. In den meisten Freizeitgärten ist das Angebot an offenen Bodenstellen dank den kleinen und vielfältig genutzten Gartenparzellen bereits ausreichend hoch. Dies gilt aber nur, wenn mehrheitlich Gemüseanbau zum Eigenbedarf praktiziert wird – dem ursprünglichen Zweck der Areale entsprechend. Wo Freizeitgärten aber primär der Erholungsnutzung dienen und in der Folge Rasenflächen vorherrschen, ist die Nahrungssituation schlechter. In den meisten Freizeitgärten im Kanton Basel-Stadt dominieren nach wie vor die Gemüsegärten. Als Fördermassnahme eignet sich hier die Anlage insektenreicher Flächen wie Blumenwiesen, Altgrasstreifen und Asthaufen. Zudem soll noch konsequenter auf Pestizide verzichtet werden. Im Kanton Basel müssen Freizeitgärten bereits seit Mitte der 1990er Jahre prinzipiell pestizidfrei bewirtschaftet werden. Bisher wurden im Rahmen des Aktionsplans über 300 Einzelmassnahmen umgesetzt. Mehrheitlich handelt es sich um neu installierte Nistkästen (ca. 250). Es wurden jedoch auch grössere, flächige Aufwertungen realisiert. Hervorzuheben sind die 20 in Freizeitgärten eingerichteten «Gartenrotschwanz- Parzellen». Dabei wurden frei gewordene Gartenparzellen primär nach den Bedürfnissen des Gartenrotschwanzes aufgewertet. Es wurden Obstbäume und einzelne Büsche gepflanzt, Nistkästen angebracht, insektenreiche Wiesen angesät und offene Bodenstellen sowie Sandlinsen, Stein- und Asthaufen angelegt. Vielfach wurden dazu auf Materialien zurückgegriffen, die bereits vor Ort vorhanden waren, zum Beispiel Steinplatten oder unbehandelte Holzreste.

Sensibilisierung

Durch seine Lebensraumansprüche und sein attraktiv gefärbtes Gefieder ist der Gartenrotschwanz eine geeignete Flaggschiffart, um Biodiversität im Siedlungsraum zu fördern (vgl. auch ein ähnliches Projekt in La-Chaux-de-Fonds NE). Von Beginn weg sollten daher Pächter:innen von Freizeitgärten motiviert werden, auf ihren Parzellen naturnahe Bereiche für den Gartenrotschwanz einzurichten und damit auch die Biodiversität im Siedlungsraum generell zu fördern. Die Erkenntnis, dass im eigenen Garten besondere Tiere leben, dürfte auch die Akzeptanz der empfohlenen Massnahmen erhöhen.

Eine erste Informationsbroschüre wurde im Jahr 2012 erstellt und den  Freizeitgartenvereinen zur Verfügung gestellt. Neben Angaben zum  Gartenrotschwanz beinhaltete sie auch diverse einfache Tipps zur Anlage  von Strukturen, die dem Gartenrotschwanz (und weiteren Arten) nützen. Diese Broschüre wurde 2019 umfassend überarbeitet. Sie kann hier bezogen werden. Zusätzlich wurden in mehreren Freizeitgartenvereinen  Vorträge gehalten und Informationsschilder direkt neben aufgewerteten  Flächen angebracht. Im Jahr 2018 erschien zudem auf SRF in der Reihe  Mission B der Beitrag «Wildes Basel, mehr Wildnis im Garten». Thema dieser Sendung waren unter anderem die Aufwertungen aus dem Gartenrotschwanz-Aktionsplan.

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Erfolgskontrolle belegt die Wirkung

Eine 2021 durchgeführte Erfolgskontrolle zeigte, dass die Aktionsplan-Massnahmen erfolgreich dazu beitragen, den Bestand des Gartenrotschwanzes im Kanton zu steigern. So ist der kantonale Gesamtbestand seit 2009 um 20 % angestiegen. Zunahmen wurden dabei insbesondere in Gebieten mit umgesetzten Massnahmen festgestellt. Dazu gehört auch die Neubesiedlung von sechs vormals nicht besetzten Freizeitgartenarealen. In drei dieser sechs Areale konnten sogar mehrere Brutreviere festgestellt werden. Im Maximalfall waren es gleich vier Reviere. Als weiteres Ergebnis der Erfolgskontrolle steht fest, dass von den über 250 neu installierten Nistkästen jährlich rund 15 % durch den Gartenrotschwanz genutzt werden. Die Besetzungsraten sind im regionalen Vergleich sehr hoch (vgl. Martinez & Roth 2017) und machen deutlich, dass die Kästen – sofern sie in geeigneten Lebensräumen angebracht werden – eine äusserst wirksame Massnahme sind.

Die weiteren umgesetzten Massnahmen sind vielfältig und häufig individuell. Ihr Erfolg stellte sich manchmal überraschend schnell ein. Im Bereich der neu erstellten Gartenrotschwanz-Parzellen kam es in mehreren Fällen kurz nach der Anlage zu Bruten und die Parzellen werden regelmässig zur Nahrungssuche genutzt. Nebst der Zielart konnten  darüber hinaus in mehreren dieser Parzellen weitere anspruchsvolle Arten festgestellt werden, unter anderen die Blauflügelige Sandschrecke (Sphingonotus caerulans) und die Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda careulescens).

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